28.11.2025 - München
Worauf kommt es bei der Gebäudefassade an - auf die Optik oder die Funktion? Unser Vorstandsmitglied Dr.-Ing. Ulrich Scholz meint: „Eine Fassade ist nicht nur die schöne Hülle eines Bauwerks, sondern ein technisch anspruchsvolles Bauteil, das sorgfältig geplant, geprüft und regelmäßig überprüft werden muss.“ Erfahren Sie in der aktuellen Kammerkolumne in der Bayerischen Staatszeitung, welche Punkte dabei wichtig sind.
Nach außen ist die Fassade eines Gebäudes meist dessen Visitenkarte und das Bauwerk soll durch eine besondere Erscheinung auffallen. Doch die Fassade des Gebäudes hat darüber hinaus noch weitere vielfältige Aufgaben zu erfüllen.
Zunächst ist der Witterungsschutz zu nennen, der schon bei den ältesten und einfachsten Gebäuden die wichtigste Funktion darstellte. Im Zuge der Jahrhundertwende sind die Anforderungen gewachsen und heute sind Fassaden als Schutz vor Schall, Brand und Feuer auszubilden. Im Winter verhindern sie hohe Wärmeverluste und im Sommer sollen sie den Wärmeeintrag durch die Sonne auf das gewünschte Maß reduzieren.
Im Sinne der Nachhaltigkeit werden in den letzten Jahren die Fassaden mittels Fassadenbegrünung zur Verbesserung des städtischen Klimas genutzt und große, ungenutzte Fassadenflächen, mittels Photovoltaik zur Energieerzeugung eingesetzt.
Diese Vielfalt an Aufgaben ist besonders herausfordernd für alle mit
dem Planen und Umsetzen von Fassaden beteiligten Personen.
Angefangen von der Bauherrenschaft in Zusammenarbeit mit Architektinnen und Architekten, den Spezialisten aus der Fassadenplanung in Zusammenarbeit mit Tragwerksplanern bis hin zu den ausführenden Firmen.
Alle
Beteiligten müssen hier Hand in Hand Lösungen entwickeln und anwenden. Als
Handreichung für all diese Personen hat die Bayerische Ingenieurekammer Bau
ganz aktuell eine „Arbeitshilfe Fassade“ erarbeitet und auf ihrer Website
kostenfrei zum Download bereitgestellt:
www.bayika.de/de/download
Bei Fassaden ist sowohl eine Fassadenplanung als auch eine Fassadenstatik erforderlich, insbesondere, wenn es sich um komplexere Systeme wie hinterlüftete Außenwandbekleidungen, Vorhangfassaden, Doppelfassaden, Elementfassaden, begrünte Fassaden oder Photovoltaikfassaden handelt.
Die Prüfpflicht der Standsicherheit von Fassadenkonstruktionen ist leider nicht eindeutig geregelt, da die Bezeichnungen der PrüfVbau (Verordnung über die Prüfingenieure, Prüfämter und Prüfsachverständige im Bauwesen) und der BayBO (Bayerische Bauordnung) nicht immer einheitlich sind.
Bei Konstruktionen ohne tragende Außenwand, wie z.B. einer Pfostenriegelfassade, ist diese Fassade immer absturzsichernd, wesentlich für den Abtrag der Windlasten und somit immer prüfpflichtig. Eine vor einer tragenden Außenwand vorgehängte Bekleidung ist kein tragendes Bauteil und somit nach BayBO nicht zwingend prüfpflichtig.
Allerdings geht von solchen Bekleidungen im Fall von Schäden eine erhebliche Gefahr für unbeteiligte Dritte und die öffentliche Sicherheit aus. Die Schadensfolgen können erheblich sein, denke man nur an eine vorgehängte Blechfassade, deren Befestigung versagt und z.B. auf einen Gehweg fällt.
Da
wird jeder froh sein, wenn kein Mensch betroffen ist.
Deshalb ist auch hier
eine statische Prüfung dringend anzuraten.
Falls diese nicht von der Unteren Bauaufsichtsbehörde gefordert wird, liegt es in der Verantwortung des Bauherrn, diese Prüfung dennoch zu veranlassen.
Wiederkehrende Bauwerksüberprüfungen sind auch für Fassaden in der VDI Richtlinie 6200 geregelt. Eine vorgehängte Fassade ist dort z.B. unter der Schadensfolgeklasse CC2 aufgeführt. Eine Begehung durch den Eigentümer oder dessen Facilitymanagement ist demnach alle 2 bis 3 Jahre erforderlich, eine Inspektion durch eine fachkundige Person alle 4 bis 5 Jahre und eine eingehende Überprüfung durch eine besonders fachkundige Person alle 12 bis 15 Jahre.
Andere Fassadenkonstruktionen sind zwar nicht explizit geregelt, sind aber analog zu bewerten. Diese Überprüfungen bilden einen sehr wichtigen Beitrag für den Schutz von Leib und Leben und sind zwingend vom Bauherrn zu veranlassen.
Eine Fassade ist also nicht nur die schöne Hülle eines Bauwerks, sondern ein technisch anspruchsvolles Bauteil, das sorgfältig geplant, geprüft und regelmäßig überprüft werden muss.
Kolumne von Dr.-Ing. Ulrich Scholz, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, veröffentlicht in der Bayerischen Staatszeitung vom 28.11.2025.
Kolumne zum Download
Fassaden bieten vielfältige Möglichkeiten für nachhaltiges und klimagerechtes Bauen, z.B. durch Photovoltaik, Begrünung, Verschattung oder innovative Materialien. Gleichzeitig stellen diese unterschiedlichen Anforderungen eine besondere Herausforderung für alle am Fassadenbau Beteiligten dar. Die neue Arbeitshilfe der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau bietet einen Einblick in ausgewählte Ingenieurthemen der „Fassade“ Die Arbeitshilfe ist kostenfrei zum Download erhältlich.
Die Bayerische Ingenieurekammer veröffentlicht einmal im Monat eine Kolumne zu aktuellen Themen in der Bayerischen Staatszeitung. Hier nehmen die Mitglieder des Vorstands der Kammer Stellung zu Themen aus Bauwesen, Politik und Gesellschaft.
Hier haben wir Ihnen alle Kolumnen zum Lesen oder als Download bereitgestellt.
Foto: Tobias Hase
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